Zielgruppe
Generell profitiert jede:r von einem Atemtraining, denn wir alle atmen – jeden Tag und jede Minute. Es lassen sich jedoch bestimmte Zielgruppen definieren, für welche ein Atemtraining besonders empfehlenswert ist: • alle Personen, die Stress reduzieren möchten • alle Menschen mit bereits vorhandenen ausgeprägten Risikofaktoren für eine Erkrankung des Kardiopulmonalen Systems • Patient:innen mit milden chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen wie z. B. Asthma bronchiale oder Heuschnupfen • Schnarcher und Mitmenschen, die an Schlafstörungen wie z. B. Schlafapnoe leiden • Kraft- und Ausdauersportler, die ihre Leistung steigern wollen Und speziell und damit ausschließlich für Therapeut:innen und medizinisches Fachpersonal: • Patient:innen mit akuten und schweren chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen • Psychisch Erkrankte mit z. B. Angststörungen oder Depressionen
Atemtraining
Atemtechniken geben dem Übenden die Möglichkeit, den eigenen Körper zu manipulieren – und das in verschiedene Richtungen. Man muss nur wissen, wie man die verschiedenen Werkzeuge zielführend einsetzen kann. Generell lassen sich verschiedene Effekte und Einsatzgebiete kategorisieren, welche auf den folgenden Seiten detailliert erörtert werden sollen: • Mit aktivierenden Atemübungen und anschließenden Ruhephasen lernt der Körper, Stressreaktionen ein- aber auch wieder auszuschalten. • Beruhigende Atemtechniken fördern die Entspannung, helfen bei Einschlafproblemen und supplementieren die Stressbewältigung. • Auf körperlicher Ebene wird die gesamte Atemmechanik unterstützt, die Atem(hilfs)muskulatur gestärkt und das Lungenvolumen erhöht. • Auf präventiver Ebene können Risikofaktoren reduziert werden, wodurch verschiedenen Erkrankungen vorgebeugt werden kann. • Im therapeutischen Einsatz lassen sich akute und chronische Beschwerden komplementär behandeln und lindern. • Im Rahmen der Leistungssteigerung können bereits vorhandene Potenziale ausgeschöpft werden, um die Performance zu steigern und die Regeneration zu unterstützen. Ein Atemtraining begünstigt stets die Gesundheitsförderung.
Betontes Ausatmen Fakten, Fakten, … •
Die Lungenkapazität nimmt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr um 12 % und perspektivisch progressiv steigend ab. • Bereits Spazierengehen oder Radfahren erhöht die Lungenkapazität um 15 %. • Die Schulung der langen und vollständigen Ausatmung erhöht die Lungenkapazität und baut die Atemmuskulatur auf. Die Thoraxpumpe (der Druck im Brustraum) unterstützt die Geschwindigkeit und die Stärke des Blutkreislaufs. Beim Einatmen kommt es zu einem Unterdruck und das Blut wird zum Herzen hin gezogen. Beim Ausatmen fließt das Blut über Druck in die Lunge und in den Körper. Ein Erwachsener nutzt dabei nur zu etwa 10 % das Diaphragma als „zweites Herz“, könnte jedoch bei einer Nutzung von 50-70 % das Herz-Kreislauf-System enorm entlasten. Der Fokus liegt somit auf einem Training des Diaphragmas. Auch bei Erkrankten mit Langzeitschäden an der Lunge kann zumindest der nicht betroffene Anteil aktiviert werden. Zudem ist das bewusste Ausatmen aber auch effektiv bei chronischen obstruktiven Erkrankungen, für Sänger sowie im Leistungssport. (vgl. Nestor, 2021, S. 80-81, 85-92)
Langsames Atmen
Der Mensch hat etwa 100-mal mehr Kohlendioxid im Körper als Sauerstoff und benötigt generell noch mehr. Warum? Der Gasaustausch dauert etwa eine Minute. Dabei werden ca. eine Milliarde Sauerstoffmoleküle über ca. 270 Millionen Hämoglobinmolekülen bei ca. 25 Billionen roten Blutkörperchen transportiert. Die Moleküle des Ausatmens sind schwerer als die des Einatmens. Der Körper verliert Gewicht über das Abatmen. Blut mit dem höchsten Kohlendioxidgehalt, welches auch azid genannt wird, ist dabei eher geeignet, Sauerstoff aus dem Hämoglobin zu lösen. Zudem unterstützt das Kohlendioxid eine Dilatation der Blutgefäße und damit einhergehend die Sauerstoffzufuhr zu den Zelleinheiten. Mit weniger Atemzügen kann somit mehr Sauerstoff verstoffwechselt werden. Die zusätzliche Zufuhr von extra Sauerstoff ist zudem nur bei extremen Höhen notwendig, denn der Körper atmet den überflüssigen Sauerstoff einfach wieder ab, ohne ihn zu nutzen. Es liegt am Kohlendioxid, ob mehr oder weniger Sauerstoff verwertet werden kann. Das langsame Atmen erhöht den Kohlendioxidgehalt, senkt den Blutdruck, den pH-Wert des Blutes sowie die Herzfrequenz, reduziert jedoch nicht den Sauerstoffgehalt im Blut – sondern erhöht ihn. Die Lunge hat mehr Zeit, den Sauerstoff zu verwerten. Die VO2max steigt. Die Nieren werden entlastet, da sie bemüht sind, den Blut-pH-Wert auszugleichen. Die Knochendichte bleibt konstant. (vgl. Nestor, 2021, S. 96-103, 106-111, 130-131)
Weniger Atemzüge
möglichst wenig Atemzügen. Warum? Im Durchschnitt atmet der Mensch 12- bis 20-mal pro Minute jeweils ca. ½ Liter an Atemvolumen. Buteyko empfiehlt dagegen, eingeschränkter ein- und übermäßig ausgedehnt auszuatmen. Weniger zu atmen, bedeutet wie auch beim langsamen Atmen eine Erhöhung des Kohlendioxidwerts. Laut Buteyko sollten maximal 6 Liter Luft pro Minute eingeatmet werden. Er behandelte mit seiner Methode u. a. Bluthochdruck, Arthritis, Asthma bronchiale und andere Krankheiten. Auch Emil Zatopek, die „Lokomotive von Prag“ und Revolutionär des Intervalltrainings, lief oftmals mit angehaltenem Atem (Hypoventilations- oder Hypoxietraining) und wurde somit mithilfe einer Variante der Buteyko-Atmung mehrfacher Olympiasieger. Diese Trainingsvariante wurde später auch für andere Sportarten (z. B. Schwimmen) übernommen. Wichtig ist das Anhalten des Atems bei halb gefüllten Lungen, da sonst die zusätzliche Luft das Training immens erschwert. Als Effekte wurden eine Zunahme an roten Blutkörperchen und eine gesteigerte Laktatakkumulation festgestellt. Achtung bei Lungenemphysem-Patient:innen– Sie haben bereits einen zu hohen Kohlendioxidgehalt! (vgl. Nestor, 2021, S. 112-126)